'...with my dad by my side...got my dad by my side...' ('Father, Son', P.G.)

 

Mein Vater (*1913 †1989) war neben seiner beruflichen Tätigkeit ein hervorragender Pianist, der Bach, Haydn, Mozart, Beethoven, Brahms und Schubert liebte, und diese beeindruckend interpretierte. Er spielte in meiner frühen Kindheit nicht selten bis 22 Uhr, da er berufsbedingt häufig spät heim kam. Als Kind wurde ich natürlich meistens vor 20 Uhr ins Bett geschickt. Das abendliche Klavierspiel meines Vaters war für mich eine wunderbare Erfahrung, die meine Hörgewohnheit sicherlich früh und stark beeinflusste. Ich habe es immer geliebt! Das Gefühl von Geborgenheit und tiefer Befriedigung kann ich bis heute nachempfinden, und so viele Stücke der 'klassischen' Literatur sind für immer mit diesen Erinnerungen konnotiert. Zudem war mir seine Fähigkeit 'ohne Noten' zu spielen als Kind fast unheimlich; wie z.B. in der Advents- und Weihnachtszeit, wenn er alle bekannten und wunderbaren Choräle in immer wieder anderer Harmonisierung darbot. Dahinter musste eine Art Zauberei stecken, dachte ich ehrfürchtig. Ich habe irgendwann von ihm auch die Angewohnheit übernommen, zu Musikstücken oder Songs jeder Art nicht die Melodie, sondern die Basstöne mitzusummen. Später kam ich darauf, dass sich mit dieser Vorgehensweise viel leichter die Akkorde finden ließen, wenn ich Songs 'heraushören' wollte. Den musikalischen Einfluss meines Vaters auf mein Leben kann ich gar nicht hoch genug einschätzen. 

Mit Rock- und Popmusik wurde ich im Alter von acht Jahren durch meinen fünf Jahre älteren Bruder regelrecht infiziert. Der erste Song, an den ich mich ganz bewusst erinnere, und der mich vollkommen verwirrte und gleichzeitig unsagbar faszinierte, war 'Revolution' von den Beatles. Ich hörte ihn zum ersten Mal, als ich aus der Schule nach Hause kam. Mein Bruder Michael brachte ein von einem Mitschüler bespieltes Tonband mit, welches er auf seinem Telefunken Mono-Gerät abspielte. Da wir außer der 'Musiktruhe' meiner Eltern selbst nicht über einen Plattenspieler verfügten, ließ er sich seine Tonbänder von Schulfreunden mit den unterschiedlichsten Songs bespielen. Das waren Mixed-Tapes bevor man diesen Ausdruck benutzte. Er hasste es, wenn ich ohne zu fragen an das Tonbandgerät ging, und ich musste ihn oft bitten, mich etwas hören zu lassen. Daher sind meine frühen Hör-Erfahrungen recht vielfältig, und tief in mir eingegraben. Noch so eine Erinnerung ist die an meine Cousine Helga, die zigmal die Nadel des Plattenspielers besagter Musiktruhe (ein schönes Wort; eine 'Schatztruhe' sozusagen) neu aufsetzte, weil sie den Text von Harrisons 'Something' notieren wollte; ich wartete geduldig bis sie fertig war, damit ich endlich die B-Seite hören konnte: 'Come Together'! Ich habe übrigens nie ein abfälliges Wort von meinen Eltern bezüglich der Musik, die ich hörte, vernommen. Gewiss, meiner Mutter war es manchmal zu laut, und einige Jahre lang habe ich ihre Geduld ganz bestimmt reichlich strapaziert. Mein Vater steckte allerdings manchmal den Kopf ins Zimmer und fragte, was ich denn da hören würde...einiges gefiel ihm. 

Meinen ersten Klavierunterricht erhielt ich schließlich mit neun Jahren, und mit elf Jahren kam dann bereits - allerdings ohne Unterricht - die Gitarre hinzu. Neil Youngs 'Heart Of Gold' war der erste Song, dessen Akkorde mir mein Bruder beibrachte.

Ich: '...und wie mache ich das mit der rechten Hand?!' Mein Bruder: 'Das musst Du schon selbst rausfinden...' Der Stolz und die Befriedigung, mit der ich hartnäckig auf der schlichten Höfner-'Wandergitarre' meines Bruders diesen Song schließlich erarbeitete, waren überwältigend. Die Akustik-Gitarre ist bis heute mein 'echtes' Zweitinstrument. Mit fünfzehn Jahren entdeckte ich das Schlagzeug.

Seit meinem sechzehnten Lebensjahr spiele ich 'live'. Zudem leitete ich sechzehn Jahre lang den Jugendchor einer Pfarrgemeinde. Ich habe in Essen u.a. Musik für das Lehramt studiert. Als Mitglied verschiedener Bands unterschiedlicher Stil- und Ausrichtungen formte ich über viele Jahre meine Spiel- und Kompositionsweise. Dazu gehören nicht nur Songs im klassischen Sinne, sondern hier und da auch instrumentale Musik, z.B. für Theater-Projekte oder Reportagen. Als Keyboardist und als Backgroundsänger war ich an einigen Studioproduktionen beteiligt. Seit zehn Jahren bin ich inzwischen hauptsächlich als Sessionmusiker tätig. Ich arbeite als Lehrer in Duisburg und lebe nach wie vor in meiner Heimatstadt Essen. 

 

P.S. Ich hatte übrigens nie konkrete Vorbilder, jedoch haben mich immer schon Musiker fasziniert, die eine hohe Flexibilität und eine enorme Bandbreite innerhalb ihrer Kreativität besitzen; Keyboardisten, wie beispielsweise David Sancious, der übrigens auch ein hervorragender Gitarrist ist. Die Fähigkeit, sich in die musikalische Gedankenwelt eines Songs bzw. Songwriters hinein zu versetzen, und dabei auch noch eine persönliche Note(sic!) zu hinterlassen, bewundere ich in diesem Zusammenhang am allermeisten. Songs sind für mich überhaupt die schönste Form in der Musik, und ich arbeite ständig daran, meine Fähigkeiten zu erweitern.     Fotos: Michael Schulte  /  Rolf Gummel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1987; von meinem Vater gezeichnet